Unser Forschungsbericht findet Anklang – und landet auf Schreibtischen und Küchentischen, nicht in der Schublade!

Annelise Oeschger beim Kolloquium «Endlosschlaufe Armut: welche Verantwortung für unsere Gesellschaft»

Es waren die zwei grossen Fragen, die uns am Abend nach dem gelungenen Kolloquium „Endlosschlaufe Armut: welche Verantwortung für unsere Gesellschaft?“ am 9. Mai umtrieben: Wird der Bericht „Beziehungen zwischen Institutionen, der Gesellschaft und Menschen in Armut in der Schweiz: eine Gewalterfahrung, die weitergeht“ ein Echo auslösen? Werden wir endlich zusammen mit Menschen und Institutionen im ganzen Land an den Veränderungen arbeiten können, die im Bericht beschrieben und begründet werden, weil sie not-wendig sind?

Ja, in beiden Fällen. Bereits in den ersten Tagen nach dem Kolloquium haben uns Telefonanrufe und E-Mails erreicht, in denen Personen aus der Bundesverwaltung (SECO, SKOS) und aus Fachhochschulen (FHNW Olten, HES-SO Lausanne, HETS Freiburg), uns gebeten haben, die Resultate des Forschungsprojekts in ihrem Umfeld vorzustellen, damit sie in die tägliche Arbeit einfliessen können. Immer wieder gab es Medienanfragen (Print, Radio, TV). Manchmal hat uns auch eine Person kontaktiert, die ATD Vierte Welt nicht kannte, die aber den Bericht gelesen hatte und sagte, dass er genau das ausdrückt, was sie selbst erlebt – sei es als Person mit Armutserfahrung, sei es als Fachperson. Eine solche Anfrage kam aus dem Tessin und zu unserer grossen Freude bietet sich nun auch dort die Möglichkeit zur Zusammenarbeit auf der Grundlage der Erkenntnisse aus der Forschungsarbeit. Sechzig solcher Anfragen – von vorerst einmaligen Präsentationen bis hin zu längerfristigen Projekten – haben uns bis jetzt erreicht. Jedesmal, wenn wir – das sind meistens mindestens zwei Co-Forschende, davon eine Person mit dem Erfahrungswissen der Armut – dann an einer Veranstaltung auftreten, treffen wir auf interessierte Menschen, die den Bericht mitnehmen und ihn als Grundlage für den Austausch mit KollegInnen im Hinblick auf mögliche Veränderungen verwenden wollen. Mit einigen Institutionen geht ATD Vierte Welt auch Partnerschaften ein, um ein Projekt gemeinsam durchzuführen, zum Beispiel – im Rahmen von Innosuisse, der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung – im Bereich der Arbeit von Sozialdiensten.

Zwei der Träger des Forschungsprojekts „Armut – Identität – Gesellschaft“: Jean-Luc Martrou, Co-Verantwortlicher für die Valorisierung des Projekts, und Markus Christen, Co-Forscher und… Fotograf. © Matteo De Mattia

Der Forschungsbericht ist so zu einem Hebel geworden, der Fachleuten und Menschen in Armut dazu dient, sich mit grösserer Wirkung dafür einzusetzen, wofür sie schon lange einstehen oder einstehen wollten, oder dazu, ihre Praxis zu hinterfragen im Wissen darum, dass sie nicht allein sind. Wenn wir an den verschiedenen Orten von anderen Veranstaltungen berichten, weckt das oft den Wunsch nach interkantonaler oder interinstitutioneller Zusammenarbeit in diesem Sinn.

Der Bericht enthält offensichtlich kollektives Wissen, das Menschen in Armut und Fachleute in der ganzen Schweiz verbinden kann – er ist so das gemeinsame Werkzeug derer, die einen Paradigmenwechsel anstreben: Armutsbetroffene Menschen sind ExpertInnen, mit denen eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe gelingen muss und kann. Wie, zum Beispiel, soll ein Dossier erfolgreich bearbeitet werden, wenn der wichtigste Player aussen vor bleibt?

Wir werden an dieser Stelle regelmässig von solchen Projekten und Kooperationen berichten.

Der Bericht ist auf unserer Webseite bestellbar, wo er auch als pdf heruntergeladen werden kann.

Annelise Oeschger, Mitglied Steuergruppe Valorisierung des Projekts „Armut – Identität – Gesellschaft“