Thank you Moraene!
Seit einigen Monaten bin ich nun Redaktor bei ATD Vierte Welt und ich halte es für richtig, mich Euch, FreundInnen und Verbündeten der Bewegung sowie den ständigen VolontärInnen und AktivistInnen, vorzustellen.
Vor langer Zeit sagte mir ein Freund: „Perry, du bist ein unbeständiger Kerl“. Mein Streben, verschiedenste Erfahrungen, sowohl private wie berufliche, zu umfassen und von Zeit zu Zeit die Richtung und den Horizont zu wechseln, das beurteilte er negativ. Ich habe seine Bemerkung als Kompliment aufgefasst, wie eine Bestätigung meiner Weltoffenheit.
Unser Leben so glücklich wie möglich gestalten
Mein Weg ist alles andere als geradlinig. Begegnungen und Sehnsüchte prägen ihn. Wir haben nur ein Leben und ich bin überzeugt, dass die einzige Aufgabe uns selber und unseren Nächsten gegenüber ist, dafür zu sorgen, dass es möglichst glücklich sei. Natürlich haben wir alle eine persönliche Vorstellung von Glück. Ich selber konnte – mit einem Quäntchen Glück und Verrücktheit – mein Leben weitgehend nach eigenem Gutdünken gestalten.
Ich bin in einem bescheidenen, aber nicht armen, Milieu aufgewachsen, in der Nähe von Neuenburg. Und dann bin ich herumgeflattert, immer mit Vergnügen. Arbeiten für eine Woche bis ein paar Monate. Baulager, Unterrichten, Übersetzen. Reisen nah und fern auf der Suche nach glücklicher Genügsamkeit. Philosophiestudien und dann die Landwirtschaftsschule. Mit 38 Jahren ging ich zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz und arbeitete dort acht Jahre lang, in Afrika und Asien – eine Erfahrung des Krieges und seiner endlosen Gräuel, mit Begegnungen und manchmal schrecklichen, manchmal wunderschönen, aber nie bedeutungslosen Momenten. In diesem Rahmen entdeckte ich ATD Vierte Welt in Zentralafrika. Aber der Klick kam später, nach einer Zeit von sechs Jahren, in denen ich mich bemühte, den Empfang der Asylsuchenden im Kanton Neuenburg zu verbessern.
Ein unwahrscheinlicher Auslöser
Der Auslöser kommt mit Moraene Roberts, einer Aktivistin ATD Vierte Welt in Grossbritannien, die im Jahr 2020 verstorben ist. In einem Video mit dem Titel The Dignity of Giving – die Würde des Gebens – redet Moraene mit Anmut, Klarheit und Bestimmtheit, mit einer feinen Stimme, aber mit einer bemerkenswerten Überzeugungskraft, vom immensen Drama der grossen Armut. Moraene sagt ihre Schande, die Ungerechtigkeit, die Kämpfe, das Stigma, die Isolierung, die Suche nach Würde. Wie wichtig es ist, sich ausdrücken zu können UND gehört zu werden, sich beteiligen zu können an der Suche und der Bewerkstelligung von Lösungen, um gemeinsam die Armut zu bekämpfen. So sind die Würfel gefallen und wenig später gesellen wir uns, als Familie, für sechs Monate zum Team von ATD Vierte Welt in Frimhurst in England. Wir erleben diese Zeit wie einen Aufruf, uns für eine wichtige Sache einzusetzen. Bei unserer Rückkehr in die Schweiz ist es uns ein Anliegen, unser Engagement weiterzuführen. Und für mich ist es der Zufall der Umstände, der meine Orientierung bestimmt: Es wird mir angeboten, ATD Vierte Welt Schweiz als Redaktor beizutreten – was ich mit echtem Stolz annehme.
Und jetzt? Nun, ich hoffe dazu beitragen zu können, die zahlreichen Stimmen, Einsatzformen und Überzeugungen der Bewegung hören zu lassen. In einem würdigen Ton, mit Treue und manchmal sogar mit einer Prise Humor!
Perry Proellochs, Redaktor ATD Vierte Welt
Übersetzung von Johanna Stadelmann