Eine Volksuniversität Vierte Welt in neuer Form

Eine Volksuniversität Vierte Welt in neuer Form

Wegen dem Coronavirus war die zweite Volksuniversität Vierte Welt, die Teil des Projekts „Armut – Identität – Gesellschaft“ ist, anders als sonst. Zweisprachig ist sie immer, diesmal verteilte sie sich aber auf zwei Tage per Videokonferenz : deutsch am 20. Juni und französisch am 27. Juni 2020.

Von Genf bis Basel, Bern und Rorschach über Bulle, Renens, Yverdon, Winterthur, Yvorne oder Freiburg vertauschten wir unsere üblichen Versammlungsorte mit andern, ungewöhnlichen oder virtuellen Treffen. Für die meisten Gruppen ist diese Art der Vorbereitung zur Regel geworden. So trifft sich die Gruppe von Yverdon auf einem Campingplatz über WhatsApp und die Jugendgruppe über Skype. In Freiburg trifft man sich in einem Garten und in Yvorne bei einem Mann, der in einem Wohnwagen wohnt. Zwei Frauen bereiten sich zusammen vor, denn das Thema entspricht ihrem Leben: Sie kämpfen, um ihre in einem Heim lebenden Kinder per Videokonferenz zu sehen. So folgt die Volksuniversität Vierte Welt in dieser vom Coronavirus geprägten Zeit dem Leben ihrer Mitglieder!

Am Tag des nationalen Treffens sitzt nun jede Vorbereitungsgruppe vor einem Bildschirm, unter Beachtung aller Vorsichtsmassnahmen. In Basel warten die Teilnehmenden auf den Beginn des Zooms. In Yvorne sind jene, die noch nie an einem virtuellen Treffen teilgenommen haben, besonders beeindruckt:

Uns auf demselben Bildschirm zu sehen, das zeigt uns als Einheit, macht Mut und gibt Kraft.

Auch in Renens fühlen sich die Leute mit den andern Teilnehmenden verbunden: „Das tut gut nach dieser ganzen Zeit der Ausgangsbeschränkung.“ In Bulle folgt der Enttäuschung Begeisterung: „Gestern noch war alles ok, aber jetzt ist der Ton weg ! Schweigen, minutenlang! Dann eine zufällig gedrückte Taste – und es klappt! Wunderbar! Wir sehen die acht Gruppen und ganz oben am Bildschirm Véronique, die leitet. Was für eine Überraschung!“ Und was für ein Gefühl zu erleben, dass es unsere Technik trotz der Entfernung möglich macht, miteinander zu reden, in guter Qualität, auch dank des Vertrauens, das bei allen ins Mikrofon Sprechenden zu spüren ist, und dank der Aufmerksamkeit und der Konzentration der Zuhörenden. Die Gruppen von Freiburg und Yverdon versammeln sich im Haus in Treyvaux, in zwei verschiedenen Räumen. Es
herrscht eine lernfreudige Stimmung. Ebenso in Genf, wo die Beteiligten mithilfe des Bildschirms spüren, dass viele Menschen Ähnliches erleben. Wir sind wirklich verbunden! 

Die Organisation dieser Volksuniversität per Internet hat von allen viel Kraft erfordert. Eine sehr gute Vorbereitung war notwendig, denn es braucht Disziplin, um den Dialog rund um ein Thema zu vertiefen, das Zuhören zu üben und die andern auf den Beitrag eines Teilnehmers reagieren zu lassen. Eine Person sagte begeistert: „Mein Mitwirken an der Volksuniversität und die Vorbereitung in der Gruppe haben mir gezeigt, dass die Basismitglieder nicht nur von ihrer Lage berichten können, sondern auch überaus fähig sind zu Analyse und Reflexion. Anders als eine  allgemeine Kritik der Gesellschaft, wachsen diese aus dem Leben jeder Person, die mit andern verbunden ist.

Zum Schluss noch die Worte einer ständigen Mitarbeiterin:

Wir haben es so gut gemacht wie die Unternehmen und Start-Ups.

Ja, wir konnten uns anpassen und uns neu erfinden. Die Pandemie lässt uns nicht wortlos zurück!

Hélène Cassignol in Zusammenarbeit mit Véronique,
Caroline, Claude, Marylise, Eugen, Mirabelle