Ein Haus als Anker

Ein Haus als Anker

Bild: Das Haus der Vierten Welt in Treyvaux. Jean-Robert Saffore macht den Ort einladend

„Man baut ein Schloss nicht allein.“ Wie ein Aktivist (eine armutserfahrene und mit der Bewegung engagierte Person) Kraft schöpft, dem Haus in Treyvaux Kraft weitergibt und mithilft, eine Zukunft für alle zu bauen.

In der Schweiz liegt die grösste Ungerechtigkeit bezüg-lich der Armut nicht am Geld, sondern in der Tatsache, dass wir nicht über unser Leben bestimmen können und unsere Familien gebrochen werden. Das lastet auf unseren Schultern und lässt uns nicht aufrecht gehen.

Als ich das Haus der Vierten Welt in Treyvaux zum ersten Mal sah, beeindruckte  es mich. Es brachte mir Ruhe und ein Nachdenken über mich selber. Es hat mich  angezogen. Es war, als ob es mich riefe und mich ermutigte, etwas zu unternehmen, hier, wo sich Menschen verschiedenster Ausbildung treffen, ohne sich zu bewerten, sondern vom Wissen eines jeden ausgehen und frei sind, Erfahrungen mit andern zu teilen. Das verlangt Achtung und Vertrauen. Es geht um unser Leben. 

Zuerst war ich nicht sicher, ob ich wieder hieher kommen könnte. Nun kenne ich den Ort seit 35 Jahren und die Menschen, die ich hier treffe, sind meine Freunde geworden. 

In meinem Engagement und mit meinen Überzeugungen als Basismitglied will ich frei sein. Ich bin stolz, dass ich so angenommen werde, wie ich bin, ohne dass ich mich vor den andern zu fürchten brauche. Aber das Haus hier in Treyvaux ist mehr als ein Einsatzort. Du kannst nicht sagen: „Morgen komme ich nicht!“ Hier, wo man sich frei versammelt, verstehe ich, wer ich bin und warum die andern da sind. Am gleichen Vorhaben teilzunehmen, das hilft, den Sinn des Lebens zu spüren. Ich weiss nicht, wie das Paradies aussieht, aber wenn es eines gibt, so muss es wohl ähnlich sein wie dieses hier. 

Ich möchte, dass das Haus innen und aussen schön ist, damit sich die Leute, die kommen, hier wohlfühlen.

Ich trage dazu bei, weil ich diesen Ort liebe, seit Jahren. Ich freue mich, wenn die Leute fest-stellen, dass etwas Neues entstanden ist. Und ich bin nicht allein. Man baut ein Schloss nicht allein.
Handwerk und gemeinsames Überlegen, das ist eine Grundlage für das Gemeinschaftsleben. Wir arbeiten und diskutieren mit den jungen Leuten, damit sie den Sinn dieses Ortes für die Vierte Welt entdecken. Sie kommen nicht hieher wie in eine Ferienkolonie. Hier entdecken sie, dass unser Leben ganz anders ist als das, was sie an der Universität oder in der Berufsbildung lernen. Es kann ihnen helfen, jeder Person zuzuhören und sich vor der Armut nicht hinter einer Mauer zu verstecken.
Es ist wichtig, dass sich ihre Kenntnisse mit den unseren treffen. Was du lernst, musst du teilen und nicht für dich behalten, sonst macht es keinen Sinn. Das sollen die Jugendlichen mit uns lernen können.
Und dann soll jeder frei sein, seinen Weg zu gehen. So habe auch ich diesen Einsatz gewählt. Ich habe nie ein Papier unterzeichnet. Ich bin hier, weil ich es will. Nichts zwingt mich dazu. Aber ich frage mich immer:

„Wird das, was die jungen Leute hier lernen,
in ihrem Gedächtnis bleiben, in ihren Händen, 
in ihrer Zukunft?“ 

Dieses Haus in Treyvaux ist wie eine Schule, die dich in deinen Überzeugungen festigen kann. Und ich hoffe, dass sich einige als Mitglieder des Langzeitvolontariats zu uns gesellen werden.

Jean-Robert Saffore, Aktivist