Ein burkinischer Volontär erzählt von ATD

rEin burkinischer Volontär erzählt von ATD in Burkina Faso

Florent Bambara war zehn Jahre lang ATD-Volontär in Burkina Faso und ist zurzeit in der Schweiz tätig. Er teilt uns seine Erfahrungen mit. Das Team in der Hauptstadt Ouagadougou arbeitet hauptsächlich mit Kindern auf der Strasse.

Vom Beruf her bin ich Bildhauer. Seit zwölf Jahren kenne ich ATD Vierte Welt. Aus Neugier habe ich die Einladung zu einem Bildhauer-Workshop mit Strassenkindern angenommen, da ich eine negative Einstellung zu diesen Kindern hatte. Durch den Einsatz mit ihnen hat sich meine Einstellung geändert. Sie im Workshop zu betreuen hat mir ermöglicht, sie besser kennenzulernen. Danach habe ich zwei Jahre lang als Verbündeter mit den Langzeitvolontären (zwei Franzosen, ein Malier und ein Burkiner), die in Burkina eingesetzt waren, gearbeitet.

Vom Mut der Kinder beeindruckt

Durch Begegnungen und die Arbeit mit ihnen habe ich nach und nach die Kinder, die auf der Strasse leben, kennengelernt. Es ging aber auch darum, den Kindern zu helfen, mit ihren Familien wieder Kontakt aufzunehmen. Der Mut dieser Kinder hat mich tief beeindruckt. Vor allem hat mich erstaunt, wie solidarisch sie miteinander umgehen und wie engagiert sie sind, Not und Elend zu überwinden. Auch war ich entsetzt zu beobachten, wie viel Gewalt sie auf den Strassen von Ouagadougou ausgesetzt sind. Zwei Jahre lang habe ich Zeit investieren und die Langzeit-Volontäre bei ihrem Einsatz unterstützen können. Danach habe ich entschieden, mich auch als Volontär zu engagieren.

In der Schweiz ist das Leiden gleich

Zurzeit bin ich in der Schweiz aktiv und arbeite mit einer Gruppe zusammen, die sich gegen soziale Ausgrenzung einsetzt. Ebenso für das Recht der Menschen in Armut als Familie zu leben. Das Elend ist überall gleich. Es nimmt je nach Ländern und sozialem Umfeld andere Formen an, aber das Leiden der  Leute ist das gleiche

Die Arbeit von ATD Vierte Welt in Burkina Faso

In Burkina Faso besteht unsere Arbeit darin, den Kontakt zwischen den Familienmitgliedern wiederherzustellen. Warum setzen wir uns für die Wiederherstellung des Kontakts ein? In Burkina Faso ist die Familie die Basis, um vorwärts zu kommen und sich als Mensch zu entfalten. Wir knüpfen an eine dreissigjährige Arbeit an. Wir haben mehrere Angebote, die im besten Fall die Rückkehr nach Hause ermöglichen:

Die Bibliothek unter den Strassenlaternen

Jeden Mittwoch Abend in den Strassen von Ouagadougou. Wir besuchen die Kinder da, wo sie sich am Abend zum Übernachten oder zum gemeinsamen Essen treffen, für eine Aktivität rund um ein Buch. Es ist der Ausgangspunkt, um die Begegnung zu ermöglichen.

« MO-COOL » 

Jeden Donnerstag empfangen wir die jungen Leute bei ATD Vierte Welt, um eine „entspannte“ Stunde in lockerer Atmosphäre zusammen zu verbringen.

Wir sind mit dem ganzen Elend konfrontiert, das die Kinder auf der Strasse erleben. Viele leben unfreiwillig auf der Strasse. Die Leute betrachten sie als misslungene, verlorene Kinder, Strassenkinder, usw. Ich möchte die Wörter, die die Leute benutzen, nicht verwenden, da ich sie verwerflich finde.

Diese Begegnung gibt den Kindern die Gelegenheit, ihre Kleider zu waschen, sich zu duschen, Brettspiele zu spielen, zu essen, sich auszuruhen. Viele schlafen öfters nachts nicht. Das Leben auf der Strasse ist oft auch eine Verfolgungsjagd, die Kinder müssen tricksen, um essen und schlafen zu können. Sie müssen auch häufig bezahlen, um in Ruhe schlafen zu können.

Kreativwerkstatt

Wir organisieren auch Workshops mit Künstlern oder Handwerkern, die ihnen ihre Arbeit zeigen. Die Kinder können die Werkzeuge anfassen, lernen, etwas Schönes selbst zu schaffen und darauf stolz zu sein. So lernen wir sie besser kennen und schaffen es, Vertrauen aufzubauen, da sie in kleineren Gruppen kommen. Am Ende des Workshops nehmen wir uns die Zeit, für jedes Kind ein offenes Ohr zu haben. Das Kind entscheidet, ob es sprechen will oder nicht. Wenn es uns ins Vertrauen zieht und es sich wünscht, können wir seine Familie besuchen.

Begegnung mit der Familie

Wenn das Kind damit einverstanden ist, besuchen wir erst mal alleine die Familie. Danach, wenn die Familie und das Kind es sich wünschen, können wir eine Begegnung organisieren. Es kann selbst entscheiden, ob es dort bleibt oder mit uns wieder geht. Selbstverständlich diskutieren wir zuerst mit den Eltern, um zu wissen, ob sie damit einverstanden sind. Wir nehmen uns die Zeit, die das Kind und die Familie brauchen, damit das Kind mit leichtem Herzen und guten Voraussetzungen seine Familie wieder besuchen kann.

Florent Bambara, Langzeitvolontär bei ATD Vierte Welt