Der AIG-Bericht bei den Vereinten Nationen in New York

Wie viele andere Co-ForscherInnen des Projekts „Armut – Identität – Gesellschaft“ (AIG) haben wir den Forschungsbericht Beziehungen zwischen Institutionen, der Gesellschaft und Menschen in Armut in der Schweiz: eine Gewalterfahrung, die weitergeht an Hochschulen und bei Veranstaltungen öffentlicher und privater Organisationen in der Schweiz, in Frankreich und bei der Organisation der Vereinten Nationen (UNO) in Genf immer wieder vorgestellt. Und nun luden die Organisatoren des 17. Oktober, des Welttags zur Überwindung der Armut, bei der UNO in New York ATD Vierte Welt Schweiz ein, den AIG-Bericht vorzustellen! Das diesjährige Thema des 17. Oktobers, nämlich „Soziale und institutionelle Misshandlung beenden“, stand in Resonanz mit unserer Forschung. Der Autor und die Autorin dieses Artikels reisten als Delegierte der Bewegung dorthin – für beide war es der erste Besuch in den USA.

Das Team der Bewegung in New York bereitete uns einen herzlichen Empfang und zeigte uns die wichtigsten Orte dieser faszinierenden Stadt. Und als wir uns allein auf Entdeckungsreise begaben, genossen wir die Freundlichkeit all dieser unbekannten Menschen, die uns den Weg wiesen, uns einen Platz in Bus und U-Bahn anboten und uns ihren „way of life“ erklärten.

Diese Zeit war umso intensiver, als wir sie zusammen mit den Mitgliedern der anderen Delegationen verbrachten: Asha und Pelorgie aus Tansania, Lisa, Nancy und Taylor aus Boston und New York. Maryann und Jan vom Team für internationale Beziehungen der Bewegung sorgten für eine gute Vorbereitung des 17. Oktobers und der offiziellen Treffen, die dieses Ereignis begleiteten (einschliesslich einer Führung durch die Vereinten Nationen), sowie für unser Wohlbefinden.

Unsere Botschaft haben wir gelebt: den Menschen mit dem Erfahrungswissen der Armut zuhören und mit ihnen zusammenarbeiten. Unsere Gesprächspartner in den Ständigen Vertretungen und im Generalsekretariat der Vereinten Nationen traten mit uns in einen Dialog und sagten, dass unsere Erfahrungen nun stärker in ihre Arbeit einfliessen würden und dass die Vereinten Nationen nicht länger ein exklusiver Ort sein sollten, sondern ein inklusiver Ort, der offen für die Menschen und ihre täglichen Erfahrungen ist. Wir wurden ermutigt, in unseren jeweiligen Ländern entschlossen zu handeln, damit unsere Regierungen und ihre Delegierten bei den Vereinten Nationen der Dringlichkeit eines aufgeklärten und entschlossenen Engagements zur Bekämpfung der weltweiten Armut Rechnung tragen.

Uns fiel wieder einmal auf, wie sehr sich die verborgenen Dimensionen der Armut1 von Land zu Land ähneln. Asha bat uns zu erklären, wie Armut in der Schweiz aussehen könnte. Wir erzählten ihr mit Leidenschaft von den Resultaten des AIG-Projekts – und sie erkannte sich darin wieder. Und als Nancy von den Aktivitäten an einem öffentlichen College in Boston berichtete, mit denen die generationenübergreifende Armut bekämpft wird, war für uns klar, dass diese auch in der Schweiz wichtig wären: Unterstützung ohne Demütigungen, ohne bürokratische Hürden und ohne prohibitive Anforderungen für bedürftige SchülerInnen, damit sie ihre Energie in ihre Ausbildung und nicht ins Überleben investieren können.

Die beiden Abende mit AktivistInnen sowie FreundInnen der Bewegung in New York gaben uns die Möglichkeit, tolle Menschen kennenzulernen und die Hoffnung zu erleben, die ein gemeinsames Engagement weckt.

Alain Meylan und Annelise Oeschger, AIG-Valorisierungsgruppe

1. Die Studie Die verborgenen Dimensionen der Armut ist unter www.atd.ch/de/publikationen/die-verborgenen-dimensionen-der-armut/ abrufbar.