Der 17. Oktober in Biel vorbereitet und erlebt

Christian Vukasovic, Aktivist von ATD Vierte Welt, spitzt sein schlumpfblaues Ohr! © Marlyse Baeder / ATD Vierte Welt
Ende Juli erfahren wir vom Thema, das die Vereinten Nationen für den diesjährigen Welttag zur Überwindung der Armut vorgeschlagen haben: Soziale und institutionelle Misshandlung beenden. Es erscheint uns interessant und konstruktiv, dieses Thema anzugehen, indem wir betonen, dass ein besseres Verständnis herrschen soll zwischen den von sozialen Einrichtungen abhängigen Personen einerseits – man kann ein gewisses Unbehagen empfinden, von der Sozialhilfe abhängig zu sein – und den Angestellten dieser Einrichtungen andererseits – die oft mit der Anzahl der Anträge überfordert sind, die sie unter Einhaltung der Gesetze und Vorschriften beantworten müssen. Im Laufe ihrer Überlegungen kommt unsere Gruppe zum Schluss, dass es für ein besseres Verständnis unerlässlich ist, einander besser zuzuhören. Daraus entsteht die Idee, ein grosses Ohr aus Pappmaché zu basteln, das als Symbol für ein besseres gegenseitiges Zuhören dienen soll.
Ein grosses, schlumpfblaues Ohr
Am 3. September, einem heissen Sommernachmittag, beginnen wir gemeinsam unser „Werk“. Christian Vukasovic besorgt sich Draht, mit dem er die Struktur dieses grossen Ohrs formt. Wir tauchen Zeitungspapier in Klebstoff und bilden eine erste Schicht. Weitere Treffen folgen, das Wetter wird regnerisch, wir müssen einen geschützten Raum finden, damit das Papier von einem zum anderen Mal trocknen kann. Jeder beteiligt sich nach seiner Verfügbarkeit und bringt seine Fähigkeiten ein. Am 11. Oktober ist unser schlumpfblaues Ohr fertig.
Parallel dazu beantragt Corinne Thüler bei der Stadt Biel eine Genehmigung und bestellt einen Stand für den 17. Oktober. Jean-Marc Rebetez schreibt an einen Lokaljournalisten, um das Ereignis anzukündigen, und erhält eine Einladung zu einem Interview. Corinne und Christian stellen sich dem Interview, das uns eine zweisprachige (deutsch/französisch) Seite in einer Zeitung einbringt, die jede Woche kostenlos in der ganzen Stadt und Umgebung verteilt wird.
Auf der Strasse mit unserem Stand
Am 17. Oktober sind wir zwischen 16.00 und 19.00 Uhr auf dem Zentralplatz mit einem Informationsstand, unserem grossen schlumpfblauen Ohr und einer ganzen Reihe von Bildern, die das Zuhören und das Nicht-Zuhören thematisieren. Hier sind einige Überlegungen, die wir uns gemacht haben:
- Es erfordert Geduld, zuzuhören, ohne sich einzumischen. Auch wenn ich Worte hörte, die mir manchmal banal erschienen, spürte ich bei der Person, mit der ich sprach, ein Bedürfnis zu sprechen, wie ein Ruf, angehört zu werden und aus der Isolation herauszukommen.
- Es gelang mir nicht, die Aufmerksamkeit der Jugendlichen wirklich zu gewinnen. Sie gingen schnell, schauten weg, telefonierten oder starrten auf ihren Bildschirm, diskutierten in Gruppen – das Interesse an einem Stand war nicht ihr Programm. Eine Studentin nahm sich jedoch Zeit, um sich auszutauschen, stellte mehrere Fragen und fand den Ansatz von ATD Vierte Welt interessant.
- Eine Frau schaute sich lange die Bilder an, die das Zuhören thematisierten. „Man sieht Gewalt in den Blicken, in den Worten“, bemerkte sie. Und was soll man dagegen tun? „Man muss lernen, einander offen in die Augen zu sehen.“
Marie-Claire Droz, ständige Volontärin von ATD Vierte Welt, Biel